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Hollow Knight: Silksong oder: der nadelspitze Schmerz verblassender Liebe (Review)

Dieses Review existiert auch in Videoform auf YouTube.

Hollow Knight: Silksong ist ein exzellent designtes Spiel. Die Welt strahlt mit einer bedachten Historizität, die From Software Konkurrenz macht. Die im Laufe des Spiels zaghaft aufblühenden Ortschaften wimmeln vor wuseligen Charakteren, deren Charme und Eigenartigkeit sich wunderbar einweben in die komplexe Geschichte um Macht, Glauben und dem Unwillen, aufzugeben. Der Combat ist vielschichtig, anspruchsvoll und motiviert, die verschiedenen Tools zu meistern; die nächste Herausforderung triumphierend hinter sich zu lassen.

Und so konnte ich meinem Herzen kaum vertrauen, als ich in den ersten zehn Stunden in Pharloom als großer Fan von Hollow Knight feststellen musste, dass Silksong sich tatsächlich und wahrhaftig in der von mir im Vorhinein vorsichtig abgetanen Position befand, seinen eigenen Vorgänger potenziell als mein Lieblings-Metroidvania ablösen zu können. Es war am Ende von Akt 1, nachdem ich fast drei Stunden mit dem Endboss dieses Abschnitts gerungen hatte und endlich als Sieger hervorging, als ich mir fast sicher war. Silksong ist das Meisterwerk, auf das ich nicht zu hoffen gewagt hatte. In diesen drei Stunden mit der furchteinflößenden Letzten Richterin, stellte ich in verblüffter Reflexion fest, war ich zu kaum einem Zeitpunkt genervt. Der Weg zum Boss wurde perfektioniert, die erste Phase gemeistert; wissbegierig, störrisch und bereit, zu lernen, erklomm ich immer und immer wieder die Anhöhe zu den Pforten der Kathedrale, um mich dem Urteil der Richterin fortlaufend zu stellen. Zu schwach. Zu langsam. Zu zögerlich. Das konnte nur funktionieren, weil ich fortwährend spürte, wie ich besser wurde. Freude entspringt nicht allein dem Sieg. Ein Angriff, der mich vor wenigen Minuten noch regelmäßig aus dem Konzept brachte? Kein Faktor mehr. Ein Sprung, der mich noch jüngst unbedacht aus der Reserve lockte? Verpufft wirkungslos. Zu spüren, wie sich das Blatt in meinem Fall zugegebenermaßen langsam wendete und mein Triumph von einem frommen Wunsch zu einer grimmen Unvermeidlichkeit transformierte, war alles, was ich mir von einer Herausforderung in einem Videospiel erhoffen konnte.

Doch dann folgte Akt 2 und mit ihm die langsame und schmerzvolle Erkenntnis, dass nach weiteren 25 Stunden mit diesem großartigen Spiel mehr Respekt als Liebe übrig bleiben würde. Denn dann kam die Wilde Biestfliege. Auch sie nötigte mir drei Stunden Spielzeit ab; dieses Mal allerdings standen für mich Frustration, Wut und Resignation im Vordergrund. Doch fangen wir von vorne an. Nach knappen 30 Stunden mit dem Spiel näherte ich mich spürbar dem zumindest vorläufigen Ende. Auf der Suche nach dem finalen Teil eines Puzzles, was mich zum Endboss bringen sollte, fand ich eine Herausforderung, der ich mich nicht sofort hingeben wollte. Stattdessen verschlug es mich um ein weiteres Mal in die entfernten Enden und versteckten Ecken des Königreichs, die ich bis hierhin nicht ausreichend erkundet hatte. Zu viele Fragen blieben noch offen, zu viele Geheimnisse unerkundet. Also machte ich mich auf den verhängnisvollen Weg, ihnen auf die Spur zu kommen. Denn egal, wohin ich mich auch wendete, die gleiche Herausforderung erwuchs überall: Gegner, die sich nicht durch ihre interessanten Bewegungen und kraftvollen Angriffe auszeichneten, sondern schier durch ihre Anzahl. Nicht alle Arenen in Silksong wissen nämlich mit beeindruckenden Bossen zu glänzen – ein ebenso großer Teil von ihnen ist gefüllt mit vielen normalen Gegnern, die sich gemeinsam auf die Protagonistin Hornet stürzen. Nun kann auch diese Form der Schwierigkeit beziehungsweise deren Meisterung eine große Freude sein. Und ohne Frage gibt es zahlreiche Spieler:innen, die ohne große Probleme eine um die andere Arena siegreich verlassen. Ich gehöre nicht dazu.

Die Wilde Biestfliege steht also leider nur sinnbildlich für eine wiederkehrende Frustration, die mich letztlich lustlos, mechanisch und ein bisschen taub zurückließ und in den letzten Stunden bis zum Bad Ending begleitete. Ich hatte nämlich das zweifelhafte Vergnügen, direkt zwei Mal hintereinander an verschiedenen Orten auf diesen Boss zu treffen, der zufällig weitere kleine Gegner in der Arena beschwören kann und mir bis zum Ende schleierhaft machte, wie ich den Kaskaden von Angriffen in einer von Lava gefüllten Arena effektiv und vor allem konstant ausweichen könnte. Letztlich brauchte es zwei Dinge, um den Kampf zu schaffen. Erstens stellte ich fest, dass ich bei einem mir bis dahin unbekannten Schmied meine Waffe gleich zwei Mal verbessern konnte, was dazu führte, dass einer meiner Spezialangriffe nun ausreichte, um eine der kleinen Lavafliegen, die mir das Leben so schwer machten, mit einem einzelnen Schlag zu erledigen. Und zweitens brauchte es trotzdem eine glückliche Runde, in der die Wilde Biesfliege entschied, nur selten weitere Gegner zu beschwören. Und so ging ich aus einem weiteren Kampf triumphierend hervor. Nicht weil ich gelernt hatte und die Früchte meiner Arbeit ernten durfte, sondern weil der Zufall und ein mechanisches Upgrade mir über die Schwelle geholfen haben.

Und damit war der Bann gebrochen. Die rosarote Brille mir mit aller Macht von den traurigen Augen gerissen. Hollow Knight: Silksong sollte nie mehr für mich werden, was es zwischenzeitlich war. 

Nach weiteren fünf Stunden sah ich etwas distanziert den Abspann an mir vorbeiziehen. Was für eine Reise, was für ein Spiel. Doch obwohl mir nichts diese ersten zehn magischen Stunden nehmen kann, werde ich nicht in den optionalen dritten Akt aufbrechen. Das überlasse ich denjenigen, deren Liebe nicht erloschen ist. Ich derweil wende mich anderen Dingen zu und winke nochmal aus der Entfernung. Voller Respekt.

Review: Niklas Kuck

Cover: Martha Telschow und Moritz Bauer

Titelmusik: Paul Biegler, David Pfabe und Niklas Kuck – HENDIATRIS Game Club

Spezial-Folge – Vampire: The Masquerade – Bloodlines 2 (Erste Eindrücke)

Tiefer Seufzer. Da sind wir nun. 21 Jahre nach dem Release von Vampire: The Masquerade – Bloodlines trifft fast pünktlich zu Halloween die Sequel ein. Von Hardsuit Lab zu The Chinese Room gab es während der langen und krisengeplagten Entwicklung des Titels nicht nur einen Wechsel des zuständigen Studios, sondern auch eine ganze Menge Fragezeichen. Aber nachdem Seb und ich vor ein paar Jahren den ersten Teil in seiner glorreichen, zerfressenen, faszinierenden Gesamtheit auf Twitch gestreamt hatten, konnten wir es uns nicht nehmen lassen, zumindest ein kleines Halloween-Spezial mit der Sequel aufzunehmen. Dafür haben wir uns Vampirkostüme zurecht gemacht, den Gaming PC eingepackt und in ein absurdes Hotel eingecheckt, um… wisst ihr was? Hört am besten einfach die Folge. Oder: in dem Fall noch besser – schaut das Video! Im Rahmen unserer Re-Integration von YouTube habt ihr dort nicht nur die passenden Eindrücke aus unserem Playthrough, sondern stellenweise auch Bilder zu unseren Live-Reaktionen. Also: https://www.youtube.com/@hendiatrispod

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Folge 5 – It Takes Two (Vertrauen)

Vertrauen und Ehe, das ist schon ein Thema, oder? Wer glaubt überhaupt noch an die Ehe? Romantiker:innen gibt es unter uns sicherlich einige, aber Skeptiker:innen, die auf die Rolle der Ehe als Institution hinweisen, die historisch eng an das Patriarchat und damit der Unterdrückung von Frauen gebunden ist, sind nicht von der Hand zu weisen. Reden wir darüber in dieser Folge? Nein, eigentlich gar nicht. Denn trotz oder gerade wegen des ernsten Themas einer Ehekrise und anstehenden Scheidung möchte das schwedische Entwicklungsteam von Hazelight Studios vor allem humoristisch in die digitale Wundertüte greifen. Mit It Takes Two gelingt ihnen 2021 dabei ein Coup. Von Fachpresse wie Publikum gefeiert ist das Spiel ein voller Erfolg. Alle lieben es. Halt. Moment. Wirklich alle? Ein kleiner gallischer Podcast stellt sich der Lobhudelei tapfer entgegen und findet an dem Träger des Game Awards für Bestes Spiel nicht nur Sonnenseiten.

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